ARBEIT IN DER ZUKUNFT | Sind Headquarter Dinosaurier?
Headquarter – Sind sie wie einst Dinosaurier wirklich vom Aussterben bedroht?

Headquarter im ursprünglichen Verständnis waren und sind Hauptquartiere (dt.), Entscheidungs- und Befehlszentralen.

Ihre Aufgaben beinhalten Strategieentwicklung und Planung, ein Zusammenführen von Statistiken, Kontrolle, Vorgaben, … Koordination (z.B. nationale + internationale Ausrichtungen).

Stellt man diese Frage mehreren Menschen ergeben sich bei jedem andere Ideen der Beantwortung. Wir machen alle unterschiedliche Erfahrungen und haben jeder einen anderen Blickwinkel. Hier noch zwei andere Perspektive:

Komplexität | Wirtschaftlichkeit

Sie wirken mächtig und imposant. Sie strahlen Status, Prestige und Entscheidungshoheit aus. Headquarter verstehen sich als Zentralen, aus denen heraus die Entscheidungen getroffen werden. Ähnlich wie Dinosaurier benötigen sie viel Futter für ihre Entscheidungsprozesse aus ihrer Firmenlandschaft. Die Landschaft der Firma ist zu einem hohen Prozentsatz mit der Fütterung des Dinosauriers beschäftigt. Viele Führungskräfte sind nur damit beschäftigt, die Wege zwischen der Landschaft und dem Dinosaurier zu gestalten, sie frisch und sauber zu halten und genügend Futter links und rechts der Wege zur Verfügung zu stellen. Viele dieser Führungskräfte befinden sich in einem Dauermarathon und haben den Eindruck, dass der Dinosaurier niemals satt werden wird.

Überforderte Unternehmenszentralen

Nach einer Studie der Unternehmensberatung Roland Berger (2018) sind rund ¼ der befragten Unternehmen mit ihrem Headquarter unzufrieden. Hauptgrund, der in der Studie benannt wurde, ist, dass Unternehmenszentralen mit der digitalen Transformation und dem Innovationsdruck überfordert sind.

Ansprüche der zentralen Vorgaben, Kontrollen und Ausrichtungen pendeln zwischen Wunsch und Wirklichkeit. Auch Entscheidungen pendeln zwischen zentral und dezentral. Hier kommt zum Dauermarathon ein Dauerspagat hinzu. Dauermarathon und Dauerspagat funktionieren mental nicht. Ich kann rennen oder ich kann im Spagat verharren. Beides zusammen geht nicht. Und von einem Gehen, Fortbewegen, Voranschreiten, Entwickeln, … kann keine Rede sein. Ich habe eher mit meinen Schmerzen und meinem Stress zu tun, um zu überleben.

Alt frisst Neu

Präsent wird noch ein anderes Problem, was aus einem Headquarter nicht ausreichend gesteuert werden kann. Die meisten Unternehmen arbeiten auf ein Produkt und auf finanzielles Wachstum ausgerichtet. Der Innovationsdruck wurde oben kurz genannt. Mit ihren Abläufen, Prozessen und mit ihrer Kultur stecken diese Unternehmen in »alten« Mustern fest. Entscheidungsstrukturen, Abhängigkeitsverhältnisse, Kontrollmechanismen sind nur drei Schlagworte dazu. Selbst wenn »frisches« Personal (abhängig Beschäftigte) mit klugen, kreativen Ideen und einer partizipativen Arbeitskultur eingestellt werden, werden sie ganz schnell von der herrschenden »alten« Unternehmenskultur, den Unternehmensgewohnheiten und Handlungsmustern eingestellt, aufgesogen. Sehr schnell spürt die Kraft des Neuen die Kräfte des Alten. Erfahrungen aus dem Alten beschreiben, dass bis zu 95% der Energie in »Hole dir eine Genehmigung« fließen. Auch hier finden wir einen Spagat, der die Gefahr birgt, dass Systeme auseinanderbrechen.

Seit einiger Zeit wandern übergreifende Steuerungsfunktionen in dezentrale Unternehmenseinheiten. Das entspricht dem derzeitigen Reagieren auf Veränderungen im Umgang mit Fragen der Komplexität und Unsicherheit. Geschwindigkeit und Mehrdimensionalität nehmen zu. Damit Menschen erfolgreich sein können, müssen Entscheidungen mehr und mehr dort getroffen werden, wo sie sinnvoll sind und nicht mehr, wo jemand auf Grund seines Status das Sagen hat. Es wird immer weniger Notwendigkeiten geben, den Dinosaurier »Headquarter« in althergebrachter Art und Weise zu füttern. 

»Am Ende entscheidet sich im Kleinen, ob große Herausforderungen gelingen oder scheitern.«

Christian Schuldt – Zukunftsinstitut | Artikel- Auf dem Weg in die Wir-Gesellschaft

»… im Kleinen«, das kann der/ die einzelne Mitarbeiter*in, das einzelne Team, Abteilung, … in und mit ihren/ seinen Netzwerken sein. Immer sind es Menschen, die eine gemeinsame Unternehmung, ein gemeinsames Interesse, gemeinsame Ziele verfolgen. Sie haben ein gemeinsames Warum, Wozu, Wie und Was. Sie sind verschieden, wissend und erfahrend. Um zu leben und in ihrem Leben zu arbeiten, müssen sie keinen Dinosaurier füttern, denn die sind ja schon einige Jahrtausende ausgestorben. Es reicht ihnen, sich und ihre Gemeinschaft zu ernähren. Sie haben die Fähigkeit zur Vernetzung, zur Offenheit, zur Partizipation und Beweglichkeit. Sie müssen nicht im Dauermarathon und Dauerspagat scheitern. Selbst-verantwortung, Selbst-wirksamkeit und Designe Thinking sind in ihrem Selbst-bewusstsein, in ihrer Haltung so verankert, dass eine vorgesetzte bzw. über ihnen stehende (auf ihnen stehende) Instanz nicht mehr von Nöten ist. Sie bringt eher Not, Anstrengung und Unruhe.

Und Menschen brauchen Orte. Orte der Zugehörigkeit, Orte, die Identität ermöglichen. Orte, die Begegnungen der Unterschiedlichkeiten und der Dynamik möglich machen. Orte, die Bindungen, gemeinsamen Sinn und gemeinsame Interessen spüren lassen. Das alles sind Orte der subjektiven Begegnung, Kommunikation, Orte wo Leben stattfindet, wo Ideen entstehen.

Mein Fazit

Headquarter sind keine Dinosaurier. Diese sind vor tausenden von Jahren wirklich ausgestorben. Headquarter hingegen müssen nicht aussterben. Was ansteht ist eine Veränderung in der Nutzung.

Eine Herausforderung beschreibt Markus Väth in seinem Buch »ARBEIT die schönste Nebensache der Welt« (Seite 192) wie folgt: »Es ist der ewige Kampf zwischen dem Mantra des Controllings – Rechnet sich das?« – und dem Geist des Visionärs – »Erst mal machen und die Chance sehen!«.

Ausblick in die Zukunft
  • dezentrale Steuerung -> Vernetzung dezentraler Kompetenzen über organisatorische Grenzen hinweg
  • Stammhaus: Identität, Zugehörigkeit, nach Hause kommen, Bindung, Begegnung, gemeinsames Interesse, gemeinsamer Sinn (Warum und Wozu tun wir diese Arbeit in dieser Art und Weise)
  • offenes Haus: Begegnung (von virtuell zu live), Wissensfabrik (Formen des voneinander Lernens), …, »Box-Arena« im fairen Streit um die beste Lösung, …
  • Ort der Vernetzung, Offenheit, Partizipation und Agilität
  • Selbst-Verantwortung, Selbst-Wirksamkeit
  • Hierarchien und Statussymbole, – positionen aufhebend mehr zu Kompetenzen, Talenten und Fähigkeiten
  • Designe Thinking (verstehen, beobachten, Ideen finden, verfeinern, lernen)

Wo stehst du zurzeit?

Gebt mir euer Feedback – lasst uns darüber in den Austausch gehen. Wie sieht für euch das Headquarter der Zukunft aus? Was braucht ihr, um selbstwirksam und erfolgreich in eurem Unternehmen arbeiten zu können?

Futur WorX Community Monika Härtel

Erfahre mehr über Arbeitstrends, die wir in meiner Arbeits-Community zusammentragen. Viel Spaß beim weiter stöbern. Bleib neugierig.